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Die Rolle der Eltern bei der Berufswahl

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«Und, was willst du einmal werden?» Je näher der Schulabschluss rückt, desto bedeutender wird diese Frage für Jugendliche. Auch die Rolle der Eltern bei der Berufswahl sollte nicht unterschätzt werden. In diesem Artikel finden sich Tipps, um den Nachwuchs bei Lehrstellensuche und Co. zu unterstützen. 

Ein Vater unterstützt seinen Sohn bei der Berufsfindung bei einem Gespräch.
Teenager sind  auf die Unterstützung der Eltern im Berufsfindungsprozess angewiesen. © fotostorm / E+

Mit dem Schulabschluss endet ein Lebensabschnitt

Der Übergang von der Schule in die Berufslehre markiert für Jugendliche einen bedeutenden Meilenstein in ihrem Leben. Der Schulabschluss läutet einen neuen Lebensabschnitt ein, der oft von Unsicherheit und vielen Fragen begleitet wird. Die Berufswahl stellt dabei eine der grössten Herausforderungen dar – legt man mit der Entscheidung doch das Fundament für die eigene berufliche Zukunft. Doch welche Berufslehre passt am besten zu einem? Wie findet man die passende Lehrstelle? Und was, wenn der Wunschberuf nicht sofort erreichbar ist? Diese Fragen beschäftigen die Jugendlichen – und auch ihre Eltern, die eine zentrale Rolle in diesem Prozess spielen und auf deren Unterstützung die Teenager angewiesen sind.

Der Berufswahlprozess als Entdeckungsreise zur eigenen Person

Bei der Berufslehre handelt es sich gemäss dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI um jenen Weg, den die meisten Schweizer Jugendlichen nach dem Schulabschluss einschlagen. Zwei Drittel der Schulabgängerinnen und Schulabgänger hierzulande entscheiden sich für eine berufliche Grundbildung. Dabei steht den Jugendlichen eine Palette an rund 230 Berufslehren zur Auswahl. 

«Damit Jugendliche einen Berufsentscheid treffen können, begeben sie sich in den sogenannten Berufswahlprozess – im Prinzip auf eine grosse Entdeckungsreise zur eigenen Person, die in mehreren Schritten abläuft», erklärt Silke Zemp. Sie ist Leiterin des Berufsinformationszentrums (biz) Kloten. «Im Berufswahlprozess lernen die Jugendlichen ihre Interessen, Stärken und Kompetenzen kennen und gleichen diese mit den Berufsanforderungen und Voraussetzungen des Berufs ab.» Bei diesem Entdeckungsprozess sind gemäss der Expertin folgende Fragen zentral: 

  • Wer bin ich?
  • Was sind meine Interessen und was macht mir Freude?
  • Welche Stärken und Fähigkeiten habe ich?
  • Was ist mir im Leben wichtig?
  • Worauf lege ich besonderen Wert?
  • Welche Schulfächer entsprechen mir sehr?

Hierbei sei es, so Silke Zemp, normal, die eigene Meinung und Vorstellung während des Prozesses auch mal zu ändern oder Neues zu entdecken und zu erkunden.

Wie Eltern den Nachwuchs bei der Berufswahl unterstützen

Als Elternteil weiss man bereits aus eigener Erfahrung, dass die Berufswahl eine wichtige Entscheidung ist. Dabei möchte man dem Nachwuchs so gut es geht zur Seite stehen. Das Kind soll keinen Entschluss fassen, den es im Nachgang bereut. Gleichzeitig sollten es Eltern vermeiden, Druck diesbezüglich ausüben – weder bewusst noch unbewusst –, in dem Wissen, dass dies das Kind verunsichern oder stressen kann. Wie können Eltern diesem Konflikt am besten begegnen? «Die Eltern sind die wichtigsten Bezugspersonen und tragen als Erziehungsberechtigte die Verantwortung für das Gelingen der Berufswahl», hält Silke Zemp fest. «Generell sollten sie die Wünsche ihrer Kinder ernstnehmen, das Gespräch suchen, über eigene Erfahrungen in der Berufswelt berichten – kurzum: interessiert und offen sein für die neue Thematik Berufswahl. Sie können Vorbilder, Motivatoren, Beratende, Trainerin und Trainer, Netzwerkhelfende sein, sollten aber auch in schwierigen Situationen unterstützen.»

Jugendliche sollten zudem Informationsveranstaltungen zu Berufen besuchen, Schnupperlehren in mehreren Berufen leisten, Gespräche mit Fachpersonen in den Berufen suchen – «Die Erkundung der Berufswelt also in Angriff nehmen, um eine Entscheidung treffen zu können», bekräftigt die Expertin.

Weitere Tipps

Noch mehr Tipps, wie Eltern ihrem Teenager bei der Berufswahl zur Seite stehen können, finden sich im folgenden Beitrag der Stiftung Pro Juventute:

Mit elterlicher Begleitung gelingt die frühe Berufswahl besser

Gründe für Schwierigkeiten bei der Lehrstellensuche

Wenn es mit der Lehrstellensuche nicht klappen will, kann das verschiedene Ursachen haben – manche kann man selbst beeinflussen, andere liegen ausserhalb der eigenen Kontrolle. Im Folgenden sind diese Gründe aufgelistet.

Diese Gründe kann man nicht beeinflussen, wenn es mit der Lehrstellensuche nicht klappt

Es ist möglich, dass im gewünschten Berufsfeld nur wenige Lehrstellen ausgeschrieben sind. Ist die Lehre zusätzlich sehr populär, ist auch die Konkurrenz entsprechend gross. Silke Zemp hält jedoch fest: «Der Lehrstellenmarkt bewegt sich seit einigen Jahren zu Gunsten der Jugendlichen – das heisst, es besteht ein grosses Angebot an Lehrstellen, aus denen Jugendliche wählen können.»

Lohnt es sich also unter Umständen, «grösser» zu denken und über Umwege zu seinem Traumberuf zu kommen, wenn es damit nicht auf Anhieb klappt? «Die Absolvierung von Praktika oder freiwilligen Einsätzen kann eine wertvolle Erfahrung bieten und helfen, neue Kontakte oder Beziehungen in einer Branche zu knüpfen», sagt die Expertin dazu. «Networking hilft, neue Chancen zu eruieren, die gegebenenfalls nicht öffentlich sichtbar und zugänglich sind.»

Apropos Sichtbarkeit: Unter Umständen ist man beim Berufswahlprozess auf manche Optionen noch gar nicht gestossen, weil sie nicht so sichtbar sind wie andere. Silke Zemp nennt folgendes Beispiel: «Im Gegensatz zu früher sind Handwerksberufe heute vielfach in Industriegebieten angesiedelt und verlieren so die Sichtbarkeit.» Nichtsdestotrotz seien Berufe im Handwerk sehr elementar für das Funktionieren einer Gesellschaft: Handwerkerinnen und Handwerker erbringen Dienstleistungen und produzieren Produkte, auf welche die Allgemeinheit angewiesen ist und das Erlernen des Handwerks voraussetzt.

Diese Gründe kann man beeinflussen, wenn es mit der Lehrstellensuche nicht klappt

Genauso gut können persönliche Merkmale Gründe dafür sein, dass die oder der Jugendliche bislang noch keinen Erfolg bei der Stellensuche gehabt hat. Silke Zemp nennt unter anderem folgende Beispiele:

  • Fehlende Berufswahlbereitschaft des Jugendlichen
  • Kognitive Schwierigkeiten – ungenügende oder knapp genügende Noten 
  • Unzureichende überfachliche Kompetenzen – z.B. unzureichendes Arbeits- und Lernverhalten bezüglich Pünktlichkeit/ 
    Hausaufgaben, unrealistische Selbsteinschätzung, unzureichendes Sozialverhalten – viele entschuldigte oder unentschuldigte Absenzen
  • Berufswahl ist nicht realitätsbezogen: Die Erkenntnis der persönlichen Merkmale (Interessen, Fähigkeiten, Werte) und die realistische Einschätzung sowie Kompromissbereitschaft in Bezug auf die Berufswahl sind nicht vorhanden

Schwierigkeiten bei der Lehrstellensuche? Tipps von Silke Zemp, Leiterin biz Kloten

  • Das Gespräch mit Bezugspersonen suchen

Die Jugendlichen sollten sich schnellstmöglich mit einer Bezugsperson – Eltern, Kolleginnen und Kollegen oder ihrer Lehrperson – besprechen. Ihnen soll bewusst sein, dass sie bei diesem Prozess nicht allein sind.

Gemeinsam kann man die obengenannten Gründe, die man selbst beeinflussen kann, konkret angehen – und beispielsweise herausfinden, welche persönlichen Stärken, Interessen und Fähigkeiten zu welchen Berufen passen.

  • Beratung im biz in Anspruch nehmen

Ein weiterer Tipp ist, sich mit dem biz in der Nähe (siehe letzter Absatz) in Verbindung zu setzen und einen Beratungstermin zu vereinbaren. Die Fachpersonen geben dem Nachwuchs wertvolle Tipps und Unterstützung bei der Suche nach einer Lehrstelle und zeigen ihm Möglichkeiten auf, wie es in seinem Berufswahlprozess weitergehen kann.

  • An Programmen teilnehmen

In der Schweiz gibt es verschiedene Programme, die zum Ziel haben, Jugendlichen den Einstieg in die Berufswelt zu erleichtern. Eine kleine Übersicht dazu findet sich ebenfalls in der Infobox am Ende des Artikels.

  • Das Familiennetzwerk und Kontakte nutzen

Es empfiehlt sich, Bekannte oder Freunde aus der Familie zu informieren und sie um Hilfe oder Unterstützung zu bitten. Oft kennen sie weitere Personen, die wiederum Informationen zu offenen Lehrstellen bei Firmen haben.

Keine (Lehr-)Stelle gefunden? Anschlusslösungen in Betracht ziehen

Falls es dem Nachwuchs nicht gelingt, rechtzeitig eine Lehrstelle zu finden, gibt es mehrere sinnvolle Anschlusslösungen. «Brückenangebote und Zwischenlösungen überbrücken die Zeit zwischen der obligatorischen Schule und der Erstausbildung», weiss Silke Zemp. «Sie richten sich an Jugendliche, die nach der Sekundarschule keine Lehrstelle gefunden haben oder für die eine Berufswahl noch zu früh ist.»

Vor der Wahl eines Angebots brauche es eine Beratung durch die Berufsberaterin beziehungsweise den Berufsberater und eine gründliche Auseinandersetzung mit der persönlichen Situation, den Voraussetzungen, Wünschen und Bedürfnissen der Jugendlichen, so die Expertin weiter. Denn: «Ein gut gewähltes Brückenangebot kann die Chancen erhöhen, anschliessend in der Berufswelt Fuss zu fassen.»

 

Brückenangebote vor der Lehre

  • 10. Schuljahr: Im Rahmen dieses Brückenangebotes wird die Berufswahl intensiv thematisiert und es wird Unterstützung bei der Suche nach einer passenden Anschlusslösung angeboten. Zudem besteht die Möglichkeit, schulische Lücken zu schliessen, bestehendes Wissen zu vertiefen und neue Kenntnisse zu erwerben. Wo man im Wohnkanton ein 10. Schuljahr absolvieren kann, erfährt man bei kantonalen Beratungsstellen (siehe letzter Absatz).
  • Praktikum: Ein Praktikum bietet eine wertvolle Gelegenheit, praktische Erfahrungen zu sammeln und einen Einblick in verschiedene Berufsfelder zu gewinnen. Dies kann dem Teenager helfen, die eigenen Interessen noch klarer zu definieren und herauszufinden, was sie oder er einmal arbeiten möchte. Weiterführende Informationen für ein Praktikum sowie Praktikumsstellen finden sich auf der Plattform praktikanten.ch.
  • Sprach- / Auslandsaufenthalte: Ein Sprach- oder Auslandsaufenthalt verbessert zum einen die Sprachkenntnisse. Gleichzeitig trainiert man Soft Skills wie Selbstständigkeit und Organisationsfähigkeit, die in der heutigen Arbeitswelt ebenfalls gefragt sind. Eine weitere Möglichkeit wäre eine Work and Travel-Reise.

Anschlusslösungen nach der Lehre

Wer nach Lehrabschluss nicht auf Anhieb eine feste Stelle findet oder im Lehrbetrieb weiterarbeiten kann, kann folgende Anschlusslösungen in Betracht ziehen:

  • Weiterbildung: Eine Weiterbildung kann die persönlichen Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Auch hierzu informiert man sich bezüglich der eigenen Möglichkeiten am besten auf einer kantonalen Beratungsstelle.
  • Zweitlehre: Falls der erste Berufswunsch nicht den gewünschten Erfolg brachte, kann eine Zweitlehre eine Alternative sein. Erwachsene mit einem ersten Ausbildungsabschluss oder relevanten Vorkenntnissen können dabei eine verkürzte Lehrzeit durchlaufen, um ein zweites eidgenössisches Fähigkeitszeugnis zu erwerben. Weitere Informationen zur Zweitlehre finden sich auf berufsberatung.ch.
  • Militär- oder Zivildienst: Der Militär- oder Zivildienst kann ebenfalls eine sinnvolle Zwischenlösung darstellen. In dieser Zeit trainiert man unter anderem Soft Skills wie Teamarbeit, Führung, Organisation und Problemlösungsfähigkeiten, die einem bei der Jobsuche im Anschluss zugutekommen.

Weiterführende Informationen zu Berufswahl und Co.

  • berufsberatung.ch: Das offizielle schweizerische Informationsportal der Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung beantwortet Fragen zu Lehrstellen und Berufen sowie Aus- und Weiterbildungen. Die Plattform bietet ebenfalls eine Übersicht zu kantonalen Beratungsstellen, darunter auch Berufsinformationszentren (biz).

Nebst klassischen Beratungsstellen gibt es auch Praxisangebote, die Jugendliche und junge Erwachsene beim Einstieg in die Berufswelt unterstützen. Beispiele hierfür sind folgende:

  • Jobfactory: Die Jobfactory erhöht die Chancen für arbeitslose Menschen und jene ohne Ausbildung in der Region Basel. Junge Menschen erhalten Beistand beim Übergang von der Schule ins Berufsleben durch individuelles Coaching, schulische Unterstützung und Bewerbungstraining.
  • Check Your Chance:  Der Dachverein setzt sich für die Prävention von Jugendarbeitslosigkeit ein. Check Your Chance bietet schweizweit verschiedene Angebote an, die zum Ziel haben, dass junge Menschen zeitnah den Übergang in die Lehre oder den Arbeitsmarkt schaffen. Nachfolgend findet sich ein Überblick über die verschiedenen Angebote.
  • BASISJOB: Hierbei handelt es sich um ein Motivationssemester, das vom sozialen Dienstleistungsunternehmen Stiftung Zukunft Thurgau angeboten wird. Inhalte sind unter anderem Beratung und Coaching mit Standortbestimmung sowie individuelles berufszielorientiertes Lern-Coaching. Das Angebot richtet sich an Jugendliche und junge Erwachsene bis 24 Jahre, die im Kanton Thurgau wohnhaft sind und keine Lehrstelle haben und beim RAV, dem Sozialdienst oder der IV angemeldet sind.
  • Mentoringprogramm Ithaka: Das Programm bietet Jugendlichen eine individuelle Begleitung bei der Suche nach einer Lehrstelle. Erfahrene Berufspersonen stehen ihnen als Mentorinnen und Mentoren zur Seite und unterstützen sie dabei, den Übergang in eine berufliche Ausbildung zu meistern. 
  • Jugendprojekt LIFT: Mit einem Wochenarbeitsplatz sammeln Jugendlichen schon während ihrer Schulzeit jeweils am Mittwochnachmittag praktische Erfahrungen bei einem Unternehmen und erhalten Einblick in die Berufswelt.

Finanzen verstehen – Finanzen erklären

Die Rubrik «Finanzen» wird präsentiert von jugendbudget.ch. Der Elternratgeber bietet hilfreiche Tipps rund ums Thema Kinder und Geld.

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